Der Bodensee und seine Anreinerorte sind ein sehr ergiebiges Pflaster, wenn es um Kunst, Kultur oder Geschichte geht. Die Pfahlbauten, die Seebühne, diverse Klöster und Kirchen, Museen und und und… Da kann man sehr viel Zeit verbringen.
In diesem Jahr haben mein Mann und ich die Seebühne in Bregenz besucht, aber in Lindau übernachtet. Was kein Problem darstellt, da es einen Bootsshuttlevon A nach B gibt. Lindau selbst ist auf jeden Fall auch einen Trip wert. Lindau Insel ist mediterran geprägt, hat viele schöne alte Häuser und das Puppentheater ist sehenswert. Dieses Mal entdeckt habe ich das Bibliotheksmuseum, passend zu meinem Besuch dann in Konstanz. Der Eintritt ist frei, um eine Spende wird gebeten.

Nach diesem Zwischenaufenthalt bin ich weitergezogen nach Konstanz, um eine Ausstellung zu besuchen, die faktisch für mich, einen alten Bücherwurm und Geschichtsjunkie, gemacht wurde. Das Kloster der Reichenau war von der Karolingischen Zeit, dem frühen Mittelalter an der Hotspot, wenn es um Bücher ging. Die Mönche in dem Kloster der Reichenau waren in der damals bekannten Welt berühmt für ihre schönen und kunstvollen Buchkopien und Prachtmalereien. In der Ausstellung „Welterbe des Mittelalters – 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ haben die Veranstalter Folianten und Buchkopien aus ganz Deutschland zusammengetragen und ausgestellt. Wer noch die Zeit und die Muße hat – diese faszinierende Ausstellung geht noch bis zum 20. Oktober diesen Jahres.
Aber der Reihe nach.

Der Weg von Lindau nach Konstanz sieht nur auf der Karte nicht weit aus. Die DB-App hat mir eine Dauer von A nach B von über 2,5 Stunden angezeigt. Der Blick auf den Fahrplan der Fähren hat ergeben, dass es eine frühe „Schnellverbindung“ direkt von Lindau nach Meersburg gibt. Dort ein kurzer Aufenthalt und weiter nach Konstanz in nicht ganz zwei Stunden. Also habe ich mich nach dem Frühstück von meinem Mann verabschiedet und bin auf die Fähre gestiegen.
Für die Ausstellung hatte ich vorab Tickets online gebucht. Dort konnte man sich zwischen einem Vormittags- und einem Nachmittagsslot entscheiden und ich hatte die Nachmittagsvariante ab 14 Uhr. Also hatte ich noch jede Menge Zeit.
Der Fähranleger ist nicht weit vom Bahnhof und dem dortigen Tourismusbüro entfernt. Da ich ohnehin zum Bahnhof musste, um mein Übernachtungsgepäck ins Schließfach zu stellen, bin ich noch in die Touriinfo.
Prompt wurde ich dort fündig in Form eines Flyers für einen Stadtrundgang (der Flyer kostet 1€, und ist es wert). Nachdem ich mein Gepäck los war und ein Café gefunden habe, wurde erst einmal der Flyer durchforstet. Und schon kam mir die nächste Idee: Konstanz war in den Jahren 1414 bis 1418 Ort eines bekannten Konzils. Während dieser Zeit wollte die katholische Kirche klären, wie sie mit dem Dilemma umgeht, zeitweise drei Päpste gleichzeitig zu haben, was mit dem damaligen Narrativ, der Papst sei „DER Stellvertreter Gottes“, etwas schwer vereinbar war. Viele der damaligen Gebäude existieren noch heute und – schwups – los ging es auf die Spur des Konzils.


In dem Flyer erhält man viele Informationen, wer im Rahmen des Konzils wo gewohnt hat, viele Sehenswürdigkeiten zu Jan Hus (der rund 100 Jahre zu früh dran war mit seinen revolutionären Ideen und dann auch noch den Fehler machte, auf diesem Konzil aufzutauchen und das mit seinem Leben bezahlt hat), natürlich das Münster und die ehemaligen Klöster.
Spannend finde ich auch einen Brunnen, der viel später erbaut wurde (Kaiserbrunnen, 1897). Die Figuren auf dem Brunnen sollte man sich genauer ansehen und die Ironie darin genießen 😊.
Nach einer ausgiebigen Runde in der Altstadt, einem Mittagessen im „Kulturzentrum am Münster“ und einem Gewitterguss, ging es über die Rheinbrücke zum Archäologischen Landesmuseum, in dem die Ausstellung stattfindet. Wie schon beschrieben: tolle Ausstellung – unbedingt sehenswert.

Nach einem ausgiebigen Besuch ging es wieder über die Rheinbrücke, ein kleiner Einkehrschwung bei der Spitalkellerei und einigermaßen schwer beladen (Wein und Bücher – seufz) in Richtung Bahnhof. In der Bahnhofsstraße dann ereilte es mich wieder. Mein zufällig schweifender Blick fiel auf einen Tisch mit lauter asiatischen Gästen, die leckere Waffeln vor sich stehen hatten. Und nach so einem Marsch durch die Stadt, mit ultraviel Info zum Thema Buchkunst, verlangte mein Magen nach einem sofortigen Stopp. In der Brasserie Ignaz gibt es neben Steaks und den üblichen Verdächtigen eine durchaus umfangreiche Karte zum Thema belgische Waffeln. Unbedingt besuchen.
Dann ging es aber wirklich zum Bahnhof. Leider hatte ich so kurzfristig kein bezahlbares Hotel mehr in Konstanz gefunden (Ferien- und Festspielzeit) und musste nach Radolfzell ausweichen.


