Mein zweiter Tag in Venedig. Ich hatte die Idee, einmal rund um die Insel zu laufen, was allein schon an einem militärischen Sperrbezirk im Osten der Insel nicht so einfach werden würde. Manchmal laufe ich auch einfach mal drauf los und schau einfach, wie weit ich komme.
Nach einem ausgiebigen Frühstück laufe ich los. Erst einmal wieder in Richtung Lagune auf der Seite des Markusplatzes. Den Abend vorher habe ich mir noch ein Konzert angeschaut: Die vier Jahreszeiten von Vivialdi; Vivaldi war Venezianer und er hat sogar eine eigene Kirche. Es gibt bei „Get-your-guide“ mehrere Veranstaltungen in Venedig mit diesem Programm. Ich war in der Kirche und die Akustik war super und die Musiker, insbesondere das Cello, haben enthusiastisch ihr Können dargeboten.

An der Kirche wende ich mich weiter nach Osten. Als der Weg entlang der Lagune so aussieht, als ginge er nicht mehr weiter, geht’s entlang von einem kleinen Kanal in Richtung Norden. Ich bin jetzt im Stadtteil Castello. Hier sind viele Liegeplätze für Segelboote, aber auch das Militär hat hier ein recht großes Areal. Und das nicht erst seit heute, stelle ich fest. Ich komme am „Arsenale“ vorbei, einer alten Schiffswerft, die bereits im 12. Jhd. gegründet wurde und die Flotte der Venezianer beherbergt hat. Man kann das Gebäude besichtigen, aber ich bin zu früh. Östlich von mir wäre das Biennale Gelände gewesen, was ich erst später feststellen sollte. Vom Schiff nach Murano aus sah es sehr einladend aus. Für mich – das nächste Mal.


Weiter führt mich mein Weg durch den Stadtteil Castello und daran anschließend durch den Stadtteil Cannaregio. Auf den nächsten zwei Kilometern begegnet mir kaum ein Mensch. Und die, die mir begegnen, sind offensichtlich Venezianer. Alte Nonnas mit Einkaufstaschen, ein Trupp Jugendlicher, die einen Kirchhof zum Bolzplatz erklärt haben, mit den dazugehörigen Bewunderinnen, die Welt ist doch überall gleich. Auch die tadelnden Blicke der Nonnas auf ihre jungen Geschlechtsgenossinnen. Alte Fischer vor einer Bar, die beim ersten Café des Morgens das Wetter besprechen (unterstellt, ich kann ja kein Italienisch). Ich komme mir sehr italienisch vor.
In Cannaregio dann begegnen mir wieder Touristen bei der Basilika der Heiligen Johannes und Paulus. Touristische Highlights erkennt man zuverlässig an den Gondelstationen und den wartenden Gondoliere. Das ist auch eine Erkenntnis von meinen bisherigen Wegen: Venedig hat unfassbar viele Kirchen. Mit Sicherheit ist es dem Reichtum der Bürger über die Jahrhunderte geschuldet, dass jeder, der was auf sich hielt, eine Kirche gebaut hat. Vielleicht liegt es auch an dem etwas schwierigen Verhältnis zur katholischen Kirche in der Zeit, sodass man viele „Spenden“ in Kirchenform gemacht hat, auf dass der Einfluss des Papstes nicht zu hoch wurde. Ich weiß es nicht, aber es ist auffällig.


Ich schlendere durch die Einkaufsstraße und vertreibe mir ein wenig die Zeit, bis mein schon in Deutschland auserkorenes Restaurant „Vini da Gigio“ öffnet. Die Bewertungen waren sehr gut zu lesen, das Ergebnis hat mich nicht so überzeugt. Wartezeit auf alles sehr lang, für den Preis war die Menge und die Qualität in meinen Augen nicht wertig. Deswegen auch keine größeren Ausführungen dazu, vielleicht hatten die Jungs einen schlechten Tag.
Im Stadtteil Cannaregio liegt auch der Bahnhof und wie überall auf der Welt (meiner Erfahrung nach) ist rund um Bahnhöfe auch jeweils die Gegend der einsamen Herzen. So hier auch, aber eher unauffällig und nicht sehr aufdringlich.
Über die Brücke am Bahnhof gelangt man in den Stadtteil Santa Croce, der eher unspektakulär daherkommt. Ich entdecke einen Wegweiser, Consiglio Regionale de Veneto, dem ich einfach mal folge. Er führt mich durch den jetzt kommenden Stadtteil San Polo in Richtung des Stadtteils Dorsoduro. San Polo ist der älteste Stadtteil Venedigs mit der Rialto Brücke und dem Mercato di Rialto, das alte Handelszentrum der Stadt. Ich halte mich aber westlich davon. Mein Wegweiser führt mich durch Dorsoduro entlang kleiner Gassen. In einer davon entdecke ich einen Maskenmacher, der sein Atelier gleich neben seinem Laden hat. Und da ich mir vorab vorgenommen habe eine Maske zu kaufen….. Ich werde auch prompt fündig. Wenn man eine venezianische Maske kaufen will, dann sollte man in eine der kleinen Manufakturen gehen. In denen gibt es maximal zehn verschiedene Maskenformen in kleinen Stückzahlen. Dafür ohne „Made in China“ Stempel.


Der Endpunkt meines Weges ist die Basilika Santa Maria della Salute. Hier auf den Treppen sitzend hat man einen ganz tollen Blick auf San Marco. Auch mein ausgezeichneter Weg endet hier. Jetzt mache ich mir die Mühe es zu übersetzen. Auf Deutsch bedeutet „Consiglio Regionale de Veneto“ das „Treffen des venetischen Regionalrates“. Was auch immer diejenigen welchen in der Kirche gemacht haben. Der „Nicht-Wanderweg“ war auf jeden Fall sehr nett angelegt.
Hier ist auch gleich ein Vaporetto-Halt, der mich zurückbringt zu meinem Ausgangspunkt.
Tipp: Im Nachhinein habe ich gehört, dass es von hier über den Kanal nach San Marco die Möglichkeit gibt, mit einer Gondola überzusetzen. Da das keine Touristengondeln sind, sondern klassische Fähren, sind sie verhältnismäßig günstig. Für sieben Minuten „Übersetzzeit“ zahlt man 10€.
